Tele-Tandem Documents liés au projet / Texte in Zusammenhang mit dem Projekt

 
 
Daphne Zeyen
Tele-Tandem: Das Deutsch-Französische Jugendwerk startet ein innovatives Projekt zum kooperativen Spracherwerb

Wie man über Videokonferenz Rezepte für Weihnachtsplätzchen austauschen und eine deutsch-französische Zirkusaufführung vorbereiten kann

Im Dezember 2003 haben Benjamin und Vinciane mit ihrer Klasse Weihnachtsplätzchen nach original fränkischem Rezept gebacken. Und das in einer ländlichen Stadt namens Fléac im südfranzösischen Charente, wo deutsche Weihnachtsplätzchen eigentlich eher unbekannt sind. Und verspeist wurden die Plätzchen bei einer Weihnachtsfeier nach deutscher Art; Kerzen, grüne Zweige und rote Schleifen dienten als Dekor.

Etwa zur gleichen Zeit haben sich Florian und Sophia, Schüler der deutschen Partnerschule im fränkischen Marktbreit, an einem "Fondant au chocolat" versucht, einem Schokoladenkuchen, der auf einer französischen Soirée nicht fehlen darf. Und das Rezept hierzu hatten sie nicht aus ihrem Lehrbuch, sondern von ihren französischen Freunden über eine Videokonferenz erhalten. Beide Schulklassen einigten sich jeweils auf ein Rezept, das sie ihrer Partnerklasse vorstellen wollten. Die Schüler brachten die Zutaten zum Unterricht mit, zeigten sich mittels Internet und Webcam die Zutaten und erklärten sich gegenseitig, wie diese auf französisch und auf deutsch heißen. Sprachliche Hilfsmittel wie: "noch einmal, langsam bitte, prima, ja, nein, danke" wurden im Vorfeld eingeübt.

Ausgedacht haben sich das Andrea Cand, Deutschlehrerin in der Primarstufe in Fléac, und Margit Hintermair, Grundschullehrerin in Marktbreit. Seitdem beide mit ihren Klassen am Projekt Tele-Tandem teilnehmen, einem Projekt, das sich auf partnerschaftliches Lernen stützt und die neuen Medien einbezieht, sind sie wesentlich öfter in Kontakt als vorher, denn sie bereiten nicht nur gemeinsam den Schüleraustausch vor, sondern auch ihren Fremdsprachenunterricht, der zeitgleich stattfindet.

Neben ihnen engagieren sich weitere 11 deutsche und 11 französische LehrerInnen mit ihren Klassen dafür, im Rahmen des Projektes Tele-Tandem neue Möglichkeiten für das frühe Fremdsprachenlernen zu testen.

Die Initiative für dieses Projekt geht vom Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) aus, das im Rahmen einer Pilotphase 12 deutsch-französische Schulpartnerschaften ausgewählt hat, um Tele-Tandem im frühen Fremdsprachenunterricht zu testen.

Die Tatsache, dass zunehmend weniger Schüler die Partnersprache lernen, hat das DFJW dazu veranlasst, eine Initiative zur Verbreitung der deutschen Sprache in Frankreich und der französischen Sprache in Deutschland im Primar- und Sekundarbereich zu ergreifen. Dies entspricht seinem Auftrag, die Beziehungen zwischen den Jugendlichen beider Länder und das Erlernen der jeweiligen Sprache zu fördern. Das DFJW stützt sich hierbei auf langjährige und vielfältige Erfahrungen in der außerschulischen Sprachvermittlung einerseits und im Schulaustausch andererseits.

So sind zum Beispiel mit den "ateliers linguistiques" in den Austauschprogrammen der frühen siebziger Jahren schon erste Anstöße für die vom DFJW entwickelte "Tandemmethode" gegeben worden. Zwei Tandempartner vermitteln sich gegenseitig ihre Muttersprache in einem handlungsorientierten kooperativen Lernprozess. Der Erwerb der Partnersprache als authentischer Sprache und die Selbständigkeit des Fremdsprachenlernens stehen hierbei im Vordergrund. Die Lerner entscheiden selbst, was sie vom Partner lernen und erfahren wollen. Der Lehrer ist nicht mehr derjenige, der das Wissen an die Schüler vermittelt: die Schüler selbst übernehmen diese Aufgabe. Dem Lehrer kommt vielmehr die Rolle eines "Animateurs" oder "Lernorganisators" zu, er gibt Angaben zum Verlauf und setzt Etappen fest. Diese Methode wird seit 2002 in Schülerbegegnungen des Primarbereichs erprobt.

Andrea Cand und Margit Hintermair haben beide an einer Fortbildung des DFJWs zur Tandemmethode teilgenommen und diese mit großem Erfolg im Schüleraustausch eingesetzt. Frau Cand schwärmt noch von der Begegnung: "Zum ersten Mal habe ich bei einer Schülerbegegnung erlebt, dass die Kinder sich anschauen, dass ein wirklicher Kontakt zwischen ihnen entsteht. Aktivitäten im Tandem setzten hohe Aufmerksamkeit für den anderen voraus. Und die kommt ganz von selbst!"

In einem weiteren Schritt möchte das Jugendwerk nun diese Form des Spracherwerbs mit Hilfe der neuen Technologien in den Fremdsprachenunterricht an den Schulen transportieren. Dank Internet wird der Spracherwerb im Tandem auf Distanz ohne "physische Präsenz" möglich. Online-chat, e-mail oder Videokonferenz sind nur einige Beispiele für solche Möglichkeiten, die die Grundbedingungen der Tandemarbeit respektieren.

Der Spracherwerb im Tandem gründet auf dem Prinzip des entdeckenden Lernens, das auf konkretes Handeln in sozialen Zusammenhängen abzielt. Deshalb verzichtet das Projekt nicht auf die reale Begegnung; diese bildet vielmehr einen wesentlichen Motivationsaspekt innerhalb des Projektes, das auf drei Phasen angelegt ist:

• Vorbereitung der Begegnung im Tele-Tandem,

• Begegnung,

• Nachbereitung / Evaluation im Tele-Tandem.

Die Perspektive der Begegnung macht den Fremdsprachenerwerb im Tele-Tandem zu einer Handlungs- und Kommunikationsgrundlage; das heißt, dem Erlernen der Partnersprache liegt ein Bedürfnis zu Grunde, nämlich tatsächlich mit dem Partner kommunizieren zu können. Auf diesem Bedürfnis aufbauend kann der Fremdsprachenunterricht in einen Zusammenhang gebettet werden und steht nicht mehr isoliert ohne Bezug zur realen Kommunikationssituation. Auch der Einsatz der neuen Technologien erhält somit einen Sinn; er ist nicht mehr bloß Zweck an sich, sondern dient dazu, einem Lernbedürfnis gerecht zu werden.

Dieses bedürfnisorientierte Fremdsprachenlernen kann noch dadurch verstärkt werden, dass die drei Phasen Etappen eines Projektes mit Themenbezug werden. So wie der Grundschullehrer Werner Schmoll aus Baden-Baden und seine Partnerin Mireille Glunck-Colombo aus Guéret haben sich auch andere der am Projekt mitwirkenden Lehrer für das Thema "Zirkus" entschieden: Während der realen Begegnung der Schüler ist eine gemeinsame deutsch-französische Zirkusaufführung geplant. Hierzu müssen im Vorfeld auf Distanz, in diesem Projekt per Internet, gemeinsam Vorbereitungen getroffen werden: Welche Künstler, welche Tiere nehmen wir mit? Welche Redewendungen müssen wir lernen, um ein deutsch-französisches Publikum zu begrüßen (es könnte sein, dass der französische Zirkusdirektor sich das Bein bricht und vertreten werden muss...)?

Für themenbezogene Projekte dieser Art hat das Jugendwerk eigens "Tele-Tandem-Übungen" entwickelt, die in diesem Schuljahr getestet werden.

Überhaupt werden in der Testphase die teilnehmenden Klassen intensiv vom Jugendwerk betreut. So wurden die Lehrer zu Beginn des Schuljahres zu einer Einführungstagung nach Berlin eingeladen, wo sie die Gelegenheit hatten, ausführliche Informationen über das Projekt zu erhalten, sich gegenseitig kennen zu lernen und die ersten Tele-Tandemphasen für ihren Unterricht zu planen. Zu der Betreuung gehören außerdem eine Seminar- und Fortbildungsreihe, die Unterstützung durch eine Tele-Tutorin und die Bereitstellung von didaktischen Handreichungen für die Umsetzung von Tele-Tandem im Unterricht.

Nach dem Schuljahr 2003-2004 wird eine gründliche Auswertung vorgenommen. Diese wird die Grundlage für die zukünftige Entwicklung dieses innovativen Sprachlernprojektes bilden, das durch entsprechende Handreichungen und Fortbildungen dann einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden soll.

Schon jetzt zeichnen sich Erfolge ab, die für die Zukunft des Projektes vielversprechend sind. In einem der teilnehmenden Collèges in Brest haben sich anfänglich nur neun Schüler einer Klasse für den Deutschunterricht entschieden. Nachdem bekannt wurde, dass diese Klasse am Projekt Tele-Tandem teilnehmen würde, kamen neun weitere Schüler dazu.

In Kédange bleiben die Schüler auf eigenen Wunsch am Freitag eine Stunde länger, um mit ihren deutschen Tandempartnern kommunizieren zu können.

Das Experiment Tele-Tandem ist nur deshalb möglich, weil deutsche und französische Lehrer sich zusammengefunden haben, die Enthusiasmus und die Bereitschaft mitbringen, sich auf etwas Neues einzulassen. Neben der zusätzlichen Zeit und der Energie, die die Umsetzung dieses Projektes erfordert, stellen die Lehrer sich zum einen darauf ein, innerhalb des Projektes eine neue Rolle einzunehmen, und zwar die eines Lernorganisators oder -begleiters. Zum anderen betreten sie selbst ein interkulturelles Lernfeld, nämlich das, auf dem sich zwei unterschiedliche Schul- und Wertesysteme begegnen.

Dank diesem Engagement wurde das Projekt 2003 mit dem Europäischen Sprachensiegel ausgezeichnet.

Weitere Informationen erhalten Sie auf dieser Website.

Daphne Zeyen
DFJW – Bereich Sprache

E N D E

 
 

retour Documents du projet - Projekt-Texte suite