Tele-Tandem
Documents liés au projet / Texte in Zusammenhang mit dem Projekt
Dominique Macaire, Maître de Conférences
IUFM d’Aquitaine, Bordeaux (Frankreich), 2004

Vom Tandem zum Tele-Tandem
Neue Lerntechniken, neue Lernmittel, neue Rollenverteilung
Inhalt

 
 
III Die Didaktik von Tele-Tandem

A Prinzipien

Projektarbeit und Ziele von Tele-Tandem

Tele-Tandem ist für unterrichts- bzw. schulbezogene Projektarbeit konzipiert und sollte zu dem Gesamtkonzept der jeweiligen Schule passen. Es steht für eine Erziehung zum verantwortungsvollen europäischen Bürger. Tele-Tandem ermöglicht jungen deutschen und französischen Schülern, sich zu begegnen und die Sprache, Lebensweise und Kultur des Partners hautnah zu erleben. Wie durch einen Spiegel wird die eigene kulturelle Identität reflektiert, hinterfragt und dadurch bewusster wahrgenommen.

Eine Kohärenz des Gesamtprojektes muss gewährleistet sein, damit es für alle Beteiligten (Lehrer, Erzieher, Eltern und Schüler) verständlich und transparent ist. Das Projekt muss von dem gesamten Lehrerkollegium der jeweiligen Partnerschule getragen werden. Die Projektinhalte und -abläufe sollten während des gesamten Projektverlaufs gemeinsam und unter größtmöglicher Einbeziehung der Wünsche und Ideen der Schüler diskutiert werden. Dadurch wird die Partizipation der Schüler gewährleistet. Letzteres setzt voraus, dass sich die Lernenden der Ziele und Vorgänge des Tele-Tandem-Projekts bewusst sind und ihre Handlungen in bestimmten Phasen einer kritisch-distanzierten Betrachtung unterwerfen.

Der Einsatz von Tele-Tandem in der Schule legt es nah, Projektarbeit interdisziplinär zu gestalten. Durch den fächerübergreifenden pädagogischen Ansatz lässt es sich in der Schule in die verschiedenen Unterrichtsprogramme und -abläufe integrieren, z.B. im Sport-, Musik-, Geschichts- und Erdkundeunterricht. Alle Aktivitäten, die ein interdisziplinäres Lernen fördern, werden dementsprechend bevorzugt.

Im Mittelpunkt von Tele-Tandem steht die physische Begegnung zweier Partnerklassen, die im Rahmen des Unterrichts vor- und nachbereitet werden soll. Sechs Wochen können für letzteres angesetzt werden: vier für die Vor- und zwei für die Nachbereitung, bei zweimal wöchentlich 45 Minuten Tele-Tandemarbeit. Die physische Begegnung selbst dauert in der Regel vier bis fünf Tage.

Zeitraum Projektphase Dauer Ziele
4 Wochen Vorbereitung der Begegnung mit Tele-Tandem-Sitzungen 8 Sitzungen à 45 Minuten Interesse für das Projekt wecken;
1 Woche Physische Begegnung 4 bis 5 Tage (entweder am Ort des Partners oder an einem Drittort) Kontaktaufnahme;
2 Wochen Nachbereitung der Begegnung mit Tele-Tandem-Sitzungen 4 Sitzungen à 45 Minuten Sich nach und nach ein Bild, eine Vorstellung, des Anderen, seiner Realität und des virtuellen Raums schaffen, den man gemeinsam gestalten könnte

Tele-Tandem basiert auf den pädagogischen Prinzipien der Projektarbeit, ein Ansatz, der in Deutschland weit verbreitet ist und sich auch in Frankreich immer mehr durchsetzt. Tele-Tandem profitiert daher von der Wechselwirkung zwischen den beiden Schulsystemen und deren didaktischen Prinzipien. Deutsche und Franzosen profitieren gleichermaßen von diesem Austausch.

Die allgemeinen Ziele von Tele-Tandem lassen sich folgendermaßen charakterisieren:

- allgemeine Ziele: Entdecken von Verhaltensweisen und Fertigkeiten, die die Zusammenarbeit sowohl mit den Klassenkameraden als auch mit den Tele-Tandem-Partnern fördert (dem anderen verstehen helfen, deutlich sprechen, etc.); Aneignung technischer Fähigkeiten (Nutzung der IKT, in Frankreich in Verbindung mit dem Brevet informatique et internet (B2i) 11) mit dem Ziel, Informationen auszutauschen und gemeinsamen etwas zu entwickeln

- sprachlich: Erwerb verbaler und non-verbaler sprachlicher Elemente zur projektbezogenen Kommunikation

- interkulturell: lernen, kulturelle Unterschiede wahrzunehmen, darüber diskutieren und Kompromisse finden, „Öffnen für das Andere“, Entwicklung einer positiven Einstellung gegenüber „dem Anderen“.



T h e m e n

Durch einen thematischen Einstieg erhält der Lerninhalt für die Schüler einen Sinn, denn sie können durch die ihnen Aufgabenstellung einen logischen Zusammenhang erkennen. Besonders im Grundschulalter befinden sich die Kinder in einer Phase, in der sich ihre Identität entwickelt und in der sie Realität und Fiktion noch nicht klar voneinander trennen können. Ihre Kreativität kann angeregt und daher für den Lernprozess genutzt werden. Die Bedeutung der Phantasie und des Zauberhaften spielt in diesem Alter eine große Rolle: Kinder in diesem Alter verkleiden sich gerne und schlüpfen mit Freude in andere Rollen, sie gestalten und entdecken gleichzeitig ihren Alltag. Der Erziehung kommt die wichtige Aufgabe zu, diese Kreativität in die richtigen Bahnen zu lenken, damit das Kind den Unterschied zwischen Realität und Fiktion erkennen lernt. Dadurch können Ausschweifungen vermieden werden, wie sie beispielsweise in Rollenspielen von Jugendlichen zu beobachten sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Lehrer sich der Bedeutung der Kreativität für Lernprozesse bewusst sind und diese bei den Schülern in dem Maße fördern, dass sie Realität und Fiktion auseinanderhalten können.

In diesem Kontext kommen einige Aspekte der Simulation Globale - SG - (“Globalen Simulation“ / Planspiel) zum Tragen, so z.B. der Ablauf einer SG (u.a. das Gestalten eines Handlungsortes, Bewohner erfinden, Ereignisse einbauen und ein Ende finden) oder die Vielzahl von Sprachaktivitäten, die zu der SG gehören (z.B. Herstellen von Werbeplakaten für eine deutsch-französische Zirkusvorstellung in der Region). Die Welt, die innerhalb einer SG erschaffen wird, muss kohärent und logisch sein. Auch wenn sie fiktiv ist, fließen die Erfahrungen der Lernenden und die Merkmale der jeweiligen Kultur in die Gestaltung eben dieser SG hinein. Diese handlungsbezogene Spracharbeit hat einen positiven Einfluss auf die Motivation der Lerner. Ein Voranschreiten in dem Projekt erfordert, dass die Teilnehmer miteinander kommunizieren und sich verstehen. Dadurch wird das Sprachenlernen zum Bedürfnis, Lernfortschritte stellen sich automatisch ein. Eine solche Arbeit in einem binationalen Kontext macht Unterschiede in Kultur, sozialem und gesellschaftlichem Miteinander deutlich, da die Zusammenarbeit der Teilnehmer nur funktioniert, wenn auch die Unterschiede in der Handlungslogik des Partners verstanden werden. Für den Schaffensprozess bei einer SG ist es unabdingbar, sich abzustimmen, zu diskutieren und zu verhandeln. Nur so ist eine wirkliche interkulturelle Zusammenarbeit möglich.

Besonders fruchtbar sind Themen, die sowohl an die Vorstellungskraft der Kinder als auch an ihren Sinn für Realität und ihre Vorliebe für Phantasie appellieren: „Leben in einer deutsch-französischen Welt“, „Unser deutsch-französischer Planet“, „Der Zirkus“, „Das Leben auf einer Burg“, „Mit dem Raumschiff durchs All“, „Leben wie in der Renaissance“, etc. Diese Themen sind eng mit den Interessen der Schüler verknüpft: sich Spiele ausdenken und spielen, Esskultur, Musik, Tiere, etc.. Worauf es ankommt, ist ein gemeinsames Erarbeiten, bei dem nicht das Produkt (Spiel, WordPad-Dokument, etc.), sondern der Prozess und die zwischenmenschliche Begegnung im Vordergrund stehen.
Die Themen können dabei ganz unterschiedlich sein: Inszenierung eines kleinen Musicals oder Theaterstücks, eine Gesangsaufführung, eine kleine Choreographie oder auch die Herstellung konkreter Gegenstände, z.B. ein interaktives Buch, eine CD-ROM mit dem Thema „In 80 „Mausklicks“ um die Welt“, ein Bild, ein in Gruppenarbeit erstellter Wandteppich, o.ä.



Die  I K T
Die IKT im Fremdsprachenunterricht werden z.Z. nur wenig interaktiv genutzt. Bislang kommen ihnen folgende Aufgaben zu:

- Recherche (Besuch von Websites, Informationssuche, Erstellen von Linksammlungen, etc.)

- Illustration (Illustration eines behandelten Themas durch Foto- oder Videomaterial. Der Computer und das Internet bilden in diesem Fall lediglich eine Ergänzung des Lernprozesses).


Interaktive Ansätze lassen sich indes beobachten:
- Motivation der Schüler, schriftlich miteinander zu kommunizieren (E-Mail-Korrespondenz, Chats, Forumseinträge). Im Übrigen sei hier noch auf die derzeitige Entwicklung einer schriftlichen Kompetenz bei Jugendlichen hingewiesen, die in Form von SMS (Mobilfunk), Chat und/oder MSN (über Internet) zum Ausdruck kommt

- interkulturelle Begegnung (E-Mail-Korrespondenz von Klasse zu Klasse, bei der jeder in seiner Muttersprache kommuniziert und der Schwerpunkt auf Diskussionen und Absprachen zur Erarbeitung eines - zunächst nur vermeintlich - gemeinsamen Projekts oder Konzepts liegt)

- Tutoring, z.B. im Fall von Online-Plattformen oder Fernunterricht, insbesondere um pädagogisch differenziert zu arbeiten oder Schüler in Krankheitsfällen zu betreuen.

Der wesentliche Beitrag von Tele-Tandem besteht in der Gewichtung sowie in der Verflechtung eben dieser Aufgaben innerhalb eines Projektes. Auf diese Weise werden die einzelnen Aktivitäten in einen logischen und sinnvollen Zusammenhang gebettet. Tele-Tandem hat die Absicht, die physische Begegnung von zwei Klassen mit Begegnungen über Internet (auf Distanz) zu verknüpfen. Synchrone (mündlicher, schriftlicher oder visueller Austausch) oder a-synchrone Aktivitäten (z.B. Austausch von Dokumenten, Mitteilung von Reaktionen, gemeinsame Erstellung von neuen Dokumenten). Die Begegnungen fügen sich stets in einen größeren Zusammenhang. Das gemeinsame Projekt bringt das Bedürfnis mit sich, in Kommunikation zu treten und sich zu „verstehen“.

Zunächst war geplant, mit „einfacheren“ Kommunikationsformen (E-Mail und angehängte Dateien, Scans) zu beginnen, um dann nach und nach „komplexere“ Instrumente (synchrone Kommunikation, interaktive Spiele und gemeinsame Schaffensprozesse, sogar eine interaktive Plattform) zu nutzen. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Progression und die mit ihr verbundenen Aufgaben sich viel mehr an kommunikativen Bedürfnissen orientieren sollten als an technischen Schwierigkeiten.

Für die Gestaltung eines gemeinsamen Handlungsortes braucht man u.a. Informationen, die Internetrecherchen notwendig machen. Manchmal muss man dem Partner auch etwas erklären, was zuweilen illustriert werden muss damit er es versteht: das Verschicken einer Zeichnung per Internet kann eine Lösung sein. Wenn man mit der Andersartigkeit des Partners konfrontiert wird, muss man neue Wege der Zusammenarbeit suchen. Es ist dabei wichtig, nicht nur die Worte zu verstehen, sondern auch die Konzepte, die sich dahinter verbergen und nur im Zusammenhang mit der Kultur des Anderen zu begreifen sind. So wird eine Begegnung (physische oder über Internet) notwendig, in der die Schüler sich gegenseitig befragen, miteinander verhandeln und sich schließlich einigen können. Es ist nicht mehr erforderlich nach Sprech- oder Schreibanlässen mühselig zu suchen, da das Bedürfnis nach Kommunikation in einem gemeinsamen Projekt bereits vorhanden ist. Sprache wird somit zum Werkzeug.

Jedes Mal ist das Bedürfnis die treibende Kraft, jedes Mal ist die Aufgabe von zentraler Bedeutung. Bei der Bearbeitung der Aufgaben soll diesem Bedürfnis nachgekommen werden. Hierbei kann man sich auf technische Hilfsmittel stützen, so kann man z.B. dem Partner eine gescannte Zeichnung per email schicken und ihn bitten, diese zu vervollständigen, oder sich mit ihm mittels Webcam über Internet begegnen. Hier kann die non-verbale Kommunikation - z.B. über Gesten – helfen, sich zu verständigen. Die IKT stehen somit ganz im Dienste der Projektaufgabe und der damit verbundenen Bedürfnisse. Ihr Einsatz erhält auf diese Weise einen wirklichen Sinn.

Nach und nach entwickeln Lehrer und Schüler neue Bedürfnisse und greifen auf die IKT zurück um sie zu erfüllen, auch wenn sie auf diesem Gebiet noch Anfänger sind. Ihre technischen Kompetenzen eignen sie sich im Laufe der Zeit ganz automatisch an (siehe B2i in Frankreich).

Die mit Computern ausgestatteten Arbeitsplätze für die Tele-Tandem-Sitzungen, sei es eine Multimedia-Ecke im Klassenzimmer oder das Multimedia-Sprachlabor der Schule, bringen meist einen Ortswechsel der Schüler mit sich, der wiederum Bewegung in das Projekt bringt. Neue Formen der Zusammenarbeit werden dadurch gefördert. Diese Orte sind in der Regel offen gestaltet und ermöglichen neben der größeren Auswahl an konkreten technischen Hilfsmitteln auch mehr Freiheit für unterschiedliche Lernstrategien sowie für den Zeitaufwand bei der Bewältigung der Aufgaben. Diese Räume begünstigen den Zugriff auf Materialien und Hilfsmittel, die die Schüler im „traditionellen“ Klassenraum spontan nicht einsetzen würden. Sie fördern auch verschiedene Arbeitsformen (mehr Gruppen- und Tandemarbeit). Dank dieser technischen Instrumente können die Partner selbstbestimmter und ihrem individuellen Arbeitsrhythmus entsprechend arbeiten. Es kann differenzierter (pro Computerplatz andere Aufgaben), individueller (im Tandem) gearbeitet werden und mit unterschiedlicheren Mitteln (Bilder, Texte, Audio- und Videoelemente, die entweder von den Schülern selbst hergestellt, aus dem Netz gezogen oder vom Tele-Tandem-Partner zur Verfügung gestellt werden). Die Aufgaben und die Größe der Arbeitsgruppen können je nach Anzahl der Computerarbeitsplätze in den Partnerklassen variieren.

Natürlich trifft man bei der Durchführung eines Projekts wie Tele-Tandem auch auf eine Reihe von Schwierigkeiten und Hindernissen, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Sie betreffen: die materielle Ausstattung der Schulen, insbesondere die Sicherheitseinstellungen (Firewall), aber auch die Kompatibilität der Systeme, die Zeit zwischen dem Senden und Übertragen einer Nachricht, die Kosten, die Anforderungen an den Server, das zufällige Einschalten anderer Internetnutzer in die Kommunikation, die Schwierigkeiten bei der Aufzeichnung des Dialogs, das Risiko von Viren durch das Öffnen von Ports, etc.

Diese Schwierigkeiten bestätigen die Ausgangshypothese, nach der das technische Instrument ein Mittel zum Zweck ist. Diese Schwierigkeiten führen zu dem Schluss, dass die IKT nur begrenzt eingesetzt werden sollen. Es sei daran erinnert, dass sich die Aufgaben - unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausstattung - vorrangig an didaktischen Absichten orientieren sollen.



Die Methodischen A n s ä t z e

Tele-Tandem beruht auf dem Prinzip des entdeckenden Lernens und darauf, dass sich Schüler in der Begegnung Fähigkeiten nach und nach aneignen und handlungsorientiertes Wissen erwerben. In einem kooperativen Prozess lernen die Schüler voneinander, sei es im Klassenverband oder im Tandem, je nach Aufgabenstellung. Der gemeinsame Schaffensprozess erzeugt durch seinen Spiraleffekt neue Lernformen und fördert die Motivation.

Bei dem schülerzentrierten Ansatz von Tele-Tandem wird in der Klasse, in kleinen mononationalen oder binationalen Gruppen und im Tandem gearbeitet. Die Schüler vermitteln dem Partner die Kenntnisse, die innerhalb ihrer Bezugsgruppe gelten. Sie sind somit gleichzeitig Partner auf der selben Ebene und Experten ihrer Sprache – letzteres allerdings nicht im Sinne von Fremdsprachenlehrern, die Unterrichts- und Lernexperten sind, sondern Experten des spontanen Gebrauchs einer kontextbezogenen Sprache, wie sie in - für diese Altersklasse - authentischen Kommunikationssituationen zum Ausdruck kommt. Daher sollen sie dem Anderen nicht nur vermitteln, wie sie ihre Sprache gebrauchen (Sprache als Werkzeug), sondern sich auch ihres eigenen Sprachgebrauchs bewusst werden, und darüber hinaus die Sprache des Partners und die eigene reflektieren (Sprache als Objekt).

In den Tele-Tandem-Sitzungen erlangen die Schüler nach und nach eine interkulturelle soziale Kompetenz, die bei der Begegnung gleichermaßen für Schüler und Lehrer von großer Bedeutung ist. Der Schüler handelt entsprechend der Kultur seiner Referenzgruppe, seiner Klasse oder seiner Tele-Tandem-Gruppe als sozialer Akteur. Das Bedürfnis nach interkultureller Kommunikation ist sowohl das des Klassenverbandes als „Mikrogesellschaft“ als auch das der Partnerklasse und das der Individuen innerhalb der Klasse.

Die Tele-Tandemarbeit soll die Schüler dazu führen, eine soziale Kompetenz zu entwickeln, d.h. sich der Fähigkeiten bewusst zu werden, die für das „Lernen, Handeln und Leben“ in der Sprache des Partners von grundlegender Bedeutung sind. Dies erfordert die Entwicklung von Kommunikationsstrategien:

- Wie mache ich mich verständlich?

- Wie erleichtere ich meinem Partner das Verständnis (Sprechrhythmus und Redefluss, Umformulierung, Ausgleichsstrategien, verbale und nonverbale Kommunikation, etc.)?

- Wie verstehe ich (Dekodierung, etc.)?

- Wie gebe ich dem Partner Orientierung und teile ihm mit, was er tun soll?

- Wie präge ich mir das Gehörte/Gesehene/Gelernte ein?

In der Vorbereitungsphase einer Tele-Tandem-Sitzung erklärt der Lehrer den Schülern, dass sie während der Tele-Tandem-Sitzungen langsam und deutlich sprechen sollen um verstanden zu werden und den Partner zu bitten, das Gleiche zu tun. Hinzu kommen pragmatische Strategien wie das Eingehen von Risiken.

Zudem werden transversale Fähigkeiten entwickelt (das Wort ergreifen, wenn man an der Reihe ist; die Gruppe / den Anderen respektieren; auf diverse Hilfsmittel zurückgreifen; Beobachten lernen; lernen, Abstand zu nehmen und kritisch aus der Distanz zu betrachten, auch in Bezug auf sich selbst, um „das Andere“ besser zu verstehen, etc.).

Jede Begegnung mit dem Partner, sei sie über Internet oder physisch, setzt eine gewisse Risikobereitschaft voraus. Die Risiken können kognitiver, sprachlicher und emotionaler Art sein und erweisen sich als bereichernd für denjenigen, der es wagt, sie einzugehen. In der Tat fördern emotionale Faktoren das Einprägen und Memorisieren von Lerninhalten. Voraussetzung für das Tele-Tandem-Projekt ist das (Er-)Leben von Sprache in authentischen Kommunikationszusammenhängen. Die synchronen und asynchronen Internetbegegnungen folgen dabei dem Prinzip der Tandemarbeit (kooperatives Lernen), so wie in der physischen Begegnungen. Darüber hinaus ermöglicht Internet eine wesentlich höhere Anzahl von Begegnungen der Partner, was zur Folge hat, dass die Schüler häufiger und regelmäßiger mit der Sprache und der Kultur des Anderen in Kontakt treten: die Schüler machen wiederholt Erfahrungen, die von Emotionen geprägt sind. Durch Internet verteilen sich auch die Risiken auf einen größeren Zeitraum, und mit Blick oder Rückblick auf die physische Begegnung wird das Lernen in der Schule lebendiger. Dennoch ist die physische Begegnung von zentraler Bedeutung, es darf nicht bei einem virtuellen Raum bleiben. Das „Wagnis der Begegnung“ muss eingegangen werden.

Besonders geeignet für Tele-Tandem-Sitzungen sind:

- synchrone Aktivitäten, z.B. Mini-Videokonferenz, Arbeiten mit dem Whiteboard, gemeinsames Arbeiten an Dateien oder Anwendungen, Chat, etc.

- asynchrone Aktivitäten, z.B. Verschicken von Spielen oder Teilen von Zeichnungen, die vom Partner weitergeführt oder zusammengesetzt werden müssen; Mails; Dokumente, die vom Partner erstellt wurden (Audio, Video, Text) anhören / lesen / anschauen; Forumseinträge; Erstellung einer Datenbank unter Zugriff auf Bild-, Ton-, und Textdateien (Bsp.: „Tonwörterbuch“, das im Laufe des Schuljahres in gemeinsamer Arbeit entsteht); Erarbeitung von Materialien und Aktivitäten mit Hilfe bestimmter Software. Die asynchronen können die synchronen Aktivitäten vorbereiten, sie können ihnen folgen oder einen Beitrag zur Unterrichtsstunde liefern.

Die Rolle des Lehrers sowie die des Schülers entwickeln sich im Verlauf von Tele-Tandem. Der Lehrer plant das Lernen, er gibt Orientierungen, begleitet die Schüler und lässt ihnen trotzdem Raum für Eigeninitiative. An die Stelle der traditionellen Wissensvermittlung tritt eine neue Funktion: der Lehrer wird zum Mittler und zum Lernorganisator für Sprache und Kultur. Das althergebrachte Unterrichtsmodell, d.h. die Wiederholung von zuvor Einstudiertem, macht hier einer neuen Vorgehensweise Platz, in deren Zentrum der Mut zum Versuch und das Lernen durch Fehler steht.




B Tele-Tandem am Beispiel von: „Unser deutsch-französischer Planet“

Tele-Tandem findet im Unterricht statt (vor, während und nach der physischen Begegnung). Die Tatsache, dass das Projekt den Lehrplan respektiert und sich nicht von ihm loslöst, ist wesentlich für die Integration in den Lernprozess. Realistischerweise ist das Projekt „Unser deutsch-französischer Planet“ von begrenzter Dauer. Die Ziele des Projekts entsprechen denen, die auch sonst im Unterricht verfolgt werden. So entsteht keine Konkurrenz, sondern Komplementarität.

Es soll hier überlegt werden, wie die Umsetzung des „deutsch-französischen Planeten“ aussehen könnte, mit der Umsicht, die bei einem „Modellprojekt“ geboten ist. Wir gehen davon aus, dass das Thema von den beiden Lehrern der jeweiligen Partnerklassen - eventuell in Absprache mit den Schülern - gewählt wurde. Die Partnerklassen einigen sich darauf, in Tandem- und Tele-Tandemarbeit, eine gemeinsame, „virtuelle Welt“ zu gestalten und diese durch entsprechende Aktivitäten zu beleben (das Prinzip der Ereigniskarten sollte der physischen Begegnung vorbehalten sein). Diese „Welt“ nimmt während der Vorbereitungsphase Gestalt an, wird während der physischen Begegnung durch die kontinuierliche Erfindung und Entdeckung neuer Elemente angereichert und entwickelt sich auch in der Nachbegegnungsphase ständig weiter. Ausschlaggebend ist hier der ständig sich entwickelnde Schaffensprozess, d.h. die Gestaltung einer gemeinsamen Welt. Das Produkt, d.h. der Planet an sich, ist von untergeordneter Bedeutung. Dabei soll den Schülern das Betreten und das Verlassen dieser künstlichen Welt deutlich signalisiert werden. Dies ist unabdingbar, damit die Schüler Simulation und Realität nicht verwechseln: nur so können sie sich Bezugspunkte setzen und lernen, sich im Leben zu orientieren.

Was benötigt man für die Erschaffung dieser virtuellen Welt, die der Planet darstellt? Am besten all jene Dinge, für die Kinder ohnehin eine Vorliebe haben, Dinge die ihre Vorstellungskraft anregen und den Gebrauch von Sprache als Instrument fördern. Hierzu zählen: Abenteuer, Tiere, Nahrung, Verkleidungen um Rollen zu spielen, Zauberei und Spiele. Um den Planeten zu gestalten, müssen sich die Schüler über die Sterne und das Sonnensystem informieren. Hier wird deutlich, dass das Projekt interdisziplinär angelegt ist. Es entsteht das Bedürfnis, in einer für Kinder zugänglichen Sprache Texte über das Leben auf unbekannten Planeten und „über grüne Marsmännchen“ oder den „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint Exupéry, etc. zu lesen. Den selben Text mit den selben Elementen diesmal in der Fremdsprache zu lesen, ermöglicht die Zusammenarbeit und den gemeinsamen Schaffensprozess. Sind diese Kenntnisse gefestigt, sollten die Schüler z.B. den Planeten zeichnen, erst in mononationalen, dann in binationalen Gruppen, ihm einen Namen geben, etc. Als Hilfsmittel können Spiele des Typs „Onkel Otto sitzt in der Badewanne“ oder das Programm WordPad herangezogen werden.

Im Anhang werden Tele-Tandem-Sitzungen zu dem Thema „Zirkus“ beschrieben, die ein Beispiel einer Übungstypologie darstellen:

- Austausch von Informationen gefolgt von Diskussion und Verhandlung mit dem Ziel sich zu einigen: Auswahl der Zirkusfiguren aus einer Datenbank, um diese dann dem Partner vorzustellen und gemeinsam zu entscheiden, wer mit auf die Zirkusreise geht (Wechsel der Sprachen während der Aushandlungsphase); Vorbereitung des Programms der Zirkustournee

- spielerische Aktivitäten für die Festigung des Wortschatzes wie: der eine mimt vor der Webcam eine Zirkusfigur (z. B. einen Artisten, ein Tier oder einen Musiker), der Tele-Tandem-Partner muss erraten, wer dargestellt wird

- kontextbezogener Spracherwerb: dem Partner in einer bestimmten Situation einen Satz beibringen, z.B. einen Künstler ankündigen oder das Publikum zum Applaudieren bringen, etc.

 
 

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