Tele-Tandem
Évaluation / Auswertung 2002-2004

Tele-Tandem
Auswertung des DFJW-Projekts
2002 – 2004
Inhaltsverzeichnis


 
 
II. Erste Erkenntnisse und didaktische Weiterentwicklung

5. Der Multimedia-Einsatz im Programm

Lerninhalte im Tele-Tandem

Die Grundschüler (und ihre Lehrer) eignen sich das Multimedia-Werkzeug völlig anders an als die Schüler (und Lehrer) der Sekundarstufe. Die Schüler der Sekundarstufe nutzen die elektronische Kommunikation (Chat, Videokonferenz, aber auch Formen der asynchronen Kommunikation) als direkten Zugang zum Partner, der ihnen neue Möglichkeiten des Austauschs und des Entdeckens der Sprache eröffnet („wir wollen Schimpfwörter wissen“). Hingegen beschränkt das Sprachniveau der Grundschüler ihre Möglichkeiten sich auszutauschen und ist für die meisten überhaupt die erste Erfahrung mit einer Kommunikation per Internet. Mit Sicherheit kann man jedoch davon ausgehen, dass diese Arbeit längerfristig beachtliche Auswirkungen haben wird.

Schüler mit Anfängerniveau:

- Spracherwerb via Internet und in der Interaktion mit einem Partner ist sehr schwierig. Wird ein virtuelles Treffen so konzipiert, dass die beiden Partner einen vorbereiteten und auswendig gelernten Text aufsagen, gibt es keinen wirklichen Austausch zwischen den Schülern.

- Übungen, die rezeptive Fertigkeiten und aktive Anwendung voneinander trennen, sind nicht geeignet, um die Schüler auf die Interaktion mit Muttersprachlern vorzubereiten. Zwei Typen von Übungen werden mit den Anfänger häufig gemacht: Hörverstehen + Aktion (verstehen + zeigen, zeichnen, machen Pantomime, wiederholen etc.) oder Aktion + Produktion (zeigen, zeichnen, machen, Pantomime etc. + Äußerung).

- Die Interaktion von 2 Partnern ist sehr schwierig: Aktivitäten, die es erfordern in einer Sprache zu bleiben, sind beinahe ausgeschlossen, selbst wenn es sich um eine künstliche Situation handelt (also z.B. um einen vorgegebenen Dialog). Außerdem muss sich der Schüler, noch bevor er die Aufgabe des Lehrers löst, seinem Partner vorstellen, was für sich genommen schon eine schwierige Aufgabe ist. Der Schüler fühlt sich allein, machtlos und isoliert – er sucht Unterstützung von außen.

- Hingegen können Kleingruppen, die an einem Computer gemeinsam arbeiten, gemeinsam Strategien entwickeln, um mit dem/den Partner/n zu kommunizieren.

- Man sollte genügend Zeit einplanen, damit eine solche Kleingruppe herausfinden kann, wie man sich gegenseitig unterstützt und welche Strategien geeignet sind, um mit dem Partner zu kommunizieren.

- Wenn in beiden Sprachen kommuniziert werden kann, ist die Interaktion spontaner. Der Schüler kann darauf vertrauen, auch dann verstanden zu werden, wenn er nicht die Fremdsprache benutzt.


Schüler der Sekundarstufe:
Über die Tele-Tandem-Einheiten haben wir keine Videoaufnahmen mit Schülern der Sekundarstufe. Die Spracharbeit kann deshalb nicht so detailliert wie bei den Grundschülern untersucht werden. Offenbar chatteten die älteren Schüler häufiger. Aber sie haben ja auch bessere sprachliche Vorkenntnisse und mehr Erfahrung mit elektronischen Kommunikationsmitteln. Zwei Elemente kann man herausstellen:

- die Berichte zeigen, dass die Sprachübungen nicht oder kaum anders sind als im klassischen Unterricht und manchmal sogar wie im Sprachlabor

- die Schüler sprengen den Rahmen der Übung, um sich über ein Thema auszutauschen, das sie interessiert: sie besitzen also die sprachlichen Mittel, um zu kommunizieren.


Arbeitseinheiten, die der Reflexion nach einer Tele-Einheit dienen, machen allen bewusst, was gelernt wurde, wo die Schwierigkeiten und die Vorteile liegen. Trotz aller oben genannten Einschränkungen steht außer Frage, dass die Motivation der Lernenden gesteigert wird und dass sie die Fremdsprache nun anders wahrnehmen. Sie ist nicht mehr nur ein Schulfach, sondern eine gelebte Sprache und ein Mittel, um mit „echten“ Gesprächspartnern zu kommunizieren.
Obwohl man auf methodisch-didaktischer Ebene Neuland betreten hat und obwohl die Technik häufig Probleme bereitet, zeigen die Erfahrungen, dass der IKT-Einsatz im Sprachunterricht neue Horizonte öffnet, die für Schüler und Lehrer gleichermaßen motivierend, spannend und dynamisch sind. Die Begegnung per Tele-Tandem ist eine wichtige und entscheidende Etappe beim Aufbau einer Verbindung zwischen den beiden Klassen und zwischen den einzelnen Schülern („Die Teilnahme an diesem Projekt begeistert die Schüler derart, wie ich es bislang nie in meiner Laufbahn erlebt haben“, Frau Werdemann).

 
 

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